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 Abschied eines Waldgeistes. (Zelda OOT)

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AutorNachricht
Jenn
Bowsers Helfer
Jenn


Weiblich

Abschied eines Waldgeistes. (Zelda OOT) Empty
BeitragThema: Abschied eines Waldgeistes. (Zelda OOT)   Abschied eines Waldgeistes. (Zelda OOT) EmptyDo 1 Sep 2011 - 20:57

Prolog - Routine

Ich konnte diesen Satz einfach nicht mehr hören.
Sein
Name war stigmatisiert – Er war das Gute, er konnte alles besser. Vor
allem besser, als ich. Alle vermissten ihn. Aber niemand würde mich
vermissen. Trotzdem stand ich jeden Morgen auf und blickte in die
Gesichter der Anderen, die mich als das hinnahmen, was ich war, aber es
nicht zu schätzen wussten. Ich war es doch, der uns alle zusammen hielt!
Still vor sich hin leben. Jahr für Jahr. Zeitgefühl? So etwas hatten
die anderen nicht. Ich wunderte mich jedes Mal, warum es mir gegeben
war. Die Jahre machten einen müde. Sie machten einen erschöpft.
Erschöpft, vom aufpassen und davon, Streitereien zu schlichten.
Und am Abend wieder der Satz:
„Glaubst du er kommt bald zurück?“
Natürlich
antwortete ich immer so, wie alle anderen es hören wollten. Das war ja
meine Aufgabe. Aber eigentlich… Wollte ich es nicht. Ich wollte diesen
Kerl nie wieder sehen! Er hatte einfach alles kaputt gemacht. Vielleicht
hatte er uns ja sogar verraten. Vielleicht würden uns die verlorenen
Wälder nicht länger vor anderen Menschen schützen. Vielleicht würde uns
der Deku Baum nicht einmal mehr beschützen können. Vielleicht würde es
uns bald nicht mehr geben. Ein verletzender Gedanke.
Aber ich wurde ihn nicht mehr los.

Ich
tat das, was ich jeden Tag tat, quälende Routine, und bemerkte wie
jeden Tag, quälend, wie langsam die Zeit verging. Ich lehnte an einer
Felswand und stierte in die Luft. Meine Fee wollte nicht einmal mehr mit
mir reden. Ich wäre verbittert, sagte sie. Wenn mir etwas nicht passen
würde, sollte ich daran arbeiten. Wie sollte ich an etwas arbeiten, dass
nicht meine Aufgabe war? Niemand kam zu mir und sagte mir: Los, Mido,
zieh aus und rette die Welt!
Wahrscheinlich auch, weil ich ihm
dann einige nette Takte erzählen würde – Das tat aber nichts zur Sache.
Ich musste hier bleiben und auf die Anderen aufpassen. Sie fühlten sich
so sicher und lebten einfach vor sich hin. Sie dachten, ihnen würde nie
etwas passieren, weil der Deku Baum uns beschützte. Und, weil dieser
bestimmte Kokiri da draußen war und uns alle retten würde. Es gab
niemanden, der dem gegenüber kritisch war. Vermutlich hatten sie nie
Enttäuschung kennen gelernt. Sie lebten ihr Leben still und friedlich
vor sich hin und akzeptierten es einfach. Vielleicht war es ihnen aber
auch egal. Oder sie logen.
Am schmerzhaftesten war, dass sie an ihn glaubte.
Salia.
Salia
glaubte an ihn. Auch, wenn sie ihn Jahre nicht mehr gesehen hatte. Sie
ging in die Verlorenen Wälder, vielleicht hätte er sich ja bei seiner
Rückkehr verlaufen. Sie suchte ihn fast jeden Tag. Manchmal blieb sie
hier, weil sie Angst hatte, ihn zu verpassen, falls er zurück käme. Die
Möglichkeit er wäre gestorben? Für sie undenkbar. Ich hatte Angst, sie
damit zu konfrontieren. Sie würde nie wieder dieselbe sein.
Sie würde mich dafür hassen.
Dabei war sie das Einzige, was mir so viel an diesem Ort bedeutete!
Natürlich
fühlte ich mich verantwortlich für das Wohlergehen der Kokiri, meiner
Brüder und Schwestern… Aber Salia… Sie war anders. Sie war meine beste
Freundin. Sie brachte mich immer wieder zum Lachen, wenn wir sprachen.
Und sie verletzte mich am tiefsten. Sie war so naiv.
Und jeden Abend…
„Glaubst du er kommt bald zurück?“
„Ja, sicher. Es ist Link. Unkraut vergeht nicht.“
Sie lachte jedes Mal darüber und lächelte mich wissend an. Es war immer das Gleiche.
Jeden
Abend saßen wir auf dem Baumstamm, sie lehnte sich an mich, seufzte und
spielte auf ihrer Okarina. Ich hatte ihr eine Zweite geschnitzt,
nachdem Link ihre bekommen hatte. Die Erste hatte ich ihr ebenfalls
angefertigt. Es machte mich wütend, dass er wohl irgendwo in der
Weltgeschichte damit herumtingelte und darauf spielte, als wäre es seine
eigene. War er überhaupt jemals für etwas dankbar gewesen? Wusste er
überhaupt, wie viel sein Leben wert war? Er wusste es nicht einmal zu
schätzen. Sonst wäre er nicht verschwunden. Auch, wenn Salia mir immer
wieder versicherte, er käme zurück und es wäre seine Bestimmung… Ich
konnte dem keinen Glauben schenken. Wie auch?
Das war absolut seltsam.

Ich schnaubte.
Niemand hier wusste das eigene Leben zu schätzen!
Eine
Mädchenstimme riss mich aus meiner Starre. „Mido? Ach, hier bist du
ja.“ Etwas verwirrt schüttelte ich den Kopf und blickte zur Quelle der
Stimme. „Warum warst du nicht an unserem Treffpunkt? Es ist schon lange
Zeit…“ Ja, auch sie hatte ein Gefühl für Zeit entwickelt. Es war Salia.
Ich stieß mich von dem Felsvorsprung ab und lächelte schief.
„Tschuldigung.“
„Macht nichts. Hast wohl über das Grummeln die Zeit vergessen.“, sagte sie und lachte leise.
Ich verzog das Gesicht. Natürlich dachte sie, dass ich mich wieder über irgendetwas aufregte – und natürlich hatte sie damit recht. Weibsbild, ich verfluche dich! Warum kennst du mich nur so gut?!
„Kommst du jetzt mit oder willst du Wurzeln schlagen?“
Ich
lachte etwas geknickt. „Haha… Wurzeln schlagen… Der war gut…“ Verlegen
trat ich gegen einen Kiesel, der in den kleinen Bach unweit von hier
flog. Dann ging ich ihr entgegen.
„Ich muss mit dir über was Wichtiges reden.“
Nun war ich hellhörig geworden – Ich blickte auf.
Es ist eine Herzensangelegenheit – Und ich brauche deine ehrliche Meinung.“


Kapitel 1 - Unverständnis


Ich wusste nicht, was sie mit einer Herzensangelegenheit verband. Nur noch weniger konnte ich mir vorstellen, wie gerade ich
ihr helfen sollte, mit sich im Reinen zu sein. Ich war ein Junge und
vor allem aber war ich nicht der Gefühlvollste. Warum fragte sie niemand
anderen? Fado, meine Schwester, beispielsweise. Sie verstanden sich
doch sonst so gut. Oder machten sie mir das nur vor, damit ich mich
nicht sorgte? Nein, das konnte nicht sein, denn wie sollten sie
überhaupt wissen, dass ich mich tatsächlich um ein anderes Wesen außer
mich sorgte? Das war vollkommen abwegig. So in meine Gedanken versunken
nickte ich nur zustimmend und folgte ihr wortlos.
Zumindest, bis wir uns von unserem eigentlichen Treffpunkt weg bewegten.
Ich schob die Hände in die Hosentaschen.
„Wohin
willst du eigentlich mit mir?“, fragte ich sie ruhig und betrachtete
ihre Rückseite. Sie blickte über die Schulter zu mir und sah mich etwas
besorgt an. Eine Antwort bekam ich allerdings nicht, sodass ich die
Augen verdrehte. Sicherlich irgendein Mädchenmist, den sie privat mit
mir besprechen musste, weil es ihr peinlich war. Salia war eigentlich
der beste Freund, den ich je hatte. Das Problem war nur: Sie war ein
Mädchen.
Und dementsprechend gab es Themen, die ich zu vermeiden
wusste und ich hoffte, es war ihr in den Jahren aufgefallen. Anscheinend
nicht, denn sie führte mich geradewegs in die verlorenen Wälder hinaus,
was mir doch etwas seltsam vorkam. Ich fand nicht alleine heraus, und
das wusste sie. Zwar verfügte ich über einen ausreichenden
Orientierungssinn dafür, aber wenn ich das Gefühl hatte, mich zu
verlaufen, wurde mir schwarz vor Augen – Eine Schwäche, gegen die ich
nichts machen konnte.
Es war so düster, dass ich die Hand vor Augen nicht erkannte.
Erst
jetzt fiel mir ein, dass ich ja eigentlich jemanden hatte, der mir den
Weg leuchten konnte, falls ich Salia denn aus den Augen verlor – Es kam
nicht dazu. Sie packte meine Hand. Zittrig hielt sie sie in ihrer kühl
schwitzenden Hand, geradezu lächerlich schwächlich. „Salia, was hast
du?“, fragte ich sie sachte und blieb stehen, hielt sie davon ab, weiter
zu gehen.
„Vertrau mir einfach.“
Ihre Stimme glich einem Flüstern und meine Sorge um sie wuchs immer weiter.
„Ist
etwas passiert? Geht es dir nicht gut?“, fragte ich mit leiser Stimme,
denn ich fühlte mich unwohl dabei, die Stille des Waldes zu brechen, in
dem man nur noch das Zirpen der Zikaden vernehmen konnte.
„Ich... Will das nicht hier mit dir bereden.“
Ich
konnte nur erahnen, dass sie sich mit der anderen Hand durch das
Gesicht fuhr und verstohlen einige Tränen wegwischte. Ich konnte sie
nicht weinen sehen. So folgte ich ihr schweigsam in den tiefen Wald. Der
Wind pfiff durch die Blätter und die Wetterlage verschlechterte sich
stetig seit heute Morgen. Es begann, zu nieseln. Man konnte es als einen
dieser unheilschwangeren Momente bezeichnen, dem man die Gefahr absehen
konnte. Oder einen Schicksalsschlag. Ein mulmiges Gefühl breitete sich
in meinem Magen aus und ich schluckte schwer. Je näher wir dem Tempel
kamen, desto mehr zog sich meine Kehle zu und ich konnte nur noch schwer
atmen. Mir wurde es eng in der Brust.
Dann, plötzlich, blieb sie stehen.
„Hier können wir sprechen, glaube ich.“, sagte sie.
Hier,
in der Lichtung, war es stiller, allerdings bekam man auch den Regen
eher ins Gesicht. Es war zum Glück nicht viel Regen, aber sie sah
ziemlich fertig aus, sodass das bisschen Wasser vielleicht schon genügen
konnte, um sie krank zu machen. Ich würde darauf achten, dass wir nicht
zu lange hier blieben, denn ich konnte nicht zulassen, dass ihre
Gesundheit Schaden nahm.
„Dann fang mal an.“, meinte ich und löste
meine Hand von ihrer. Die Hände verschwanden, wie so oft, in den
Hosentaschen. Erwartungsvoll blickte ich sie an und zog die Brauen hoch.
Sie biss sich auf den Lippen herum und druckste, spielte mit ihren
Händen und brauchte etwas, um ihre Sprache wiederzufinden.
„Mido, ich...“
„... Was?“
Das, was danach kam, sollte mir die Kehle zuschnüren.

Die
Enge in meiner Brust nahm zu, als ich ihre Stimme nur noch erahnen
konnte, denn jedes Wort mehr, das sie sagte, machte mich ohnmächtiger
und matter. Dennoch war es nur eine einfache Bitte und auch, wenn ich
mir nichts sehnlicher gewünscht hatte, als dass sie jemals diese Worte
aussprach, so machten sie mich in diesem Moment nur noch krank. Über
ihre zittrigen Lippen kamen nur leise Geräusche. Ich konnte sie nur mit
Mühe zu einem Satz zusammenfügen, als ich ihr in die betrübten blauen
Augen starrte und die Wassertropfen – Obgleich vom Regen oder der Tränen
– Über ihre blassen Wangen rollen sah. Erst dann konnte ich den Worten,
die über ihre zartblauen Lippen kamen, Sinn verleihen.

„Bitte, Mido, verlass unser Dorf und den Wald.“

Ungläubig betrachtete ich sie.
Es sah nicht aus, als würde sie es wollen.
Was
wollte sie mir schon sagen? Ich war das Oberhaupt unseres Stammes! Ich
hatte das Sagen! Warum wollte sie mich vertreiben? Wollte sie mich nicht
mehr um sich haben? Und die Anderen? Ging ich ihnen auf die Nerven? Ich
konnte nicht vermeiden, dass ich sie verletzt ansah. War es schon
länger so? Es waren all diese Fragen, die ich ihr stellen wollte, aber
es nicht konnte. Es schnürte sich mir die Kehle zu und ich schloss die
Augen einen Moment, nur, um tief einzuatmen, um Worte zu finden, um mit
ihr zu reden.
Ich hörte sie schluchzen.
Natürlich – Erst
rammte sie mir das Messer in den Rücken und jetzt tat es ihr unsagbar
Leid. Hatte sie jemand voraus geschickt? Hatten sie hinter meinem Rücken
darüber abgestimmt, ob es besser wäre, wenn ich ginge? Ob sie lange
daran gearbeitet hätten, wie sie mich loswürden? Vermutlich wollten sie
mir nicht einmal Böses. Sie konnten mich nur nicht mehr ertragen und
darum musste ich weg. Und Salia sollte es mir schonend beibringen.

„Mido?“

Ihre Stimme war gebrochen.
Als ich ihre Hände auf meinen Schultern spürte, fühlte ich, wie der Boden unter mir nachgab.


Kapitel 2 - Merle


Als ich meine Augen öffnete, hielt ich das alles für einen schlechten
Traum, den ich in meinem Wahn gehabt hatte. Ich fühlte mich wie
gerädert und vor allen Dingen aber so, als hätte ich eine
Gedächtnislücke. Wenn das tatsächlich ein Traum war, hatte ich denn dann
den ganzen Tag verschlafen? Ich blickte zum Fenster herüber – Der
Morgen brach herein und überflutete das Land mit einer goldenen Wonne.
Der Tau schimmerte auf den Grashalmen und ich konnte mir bis heute nicht
erklären, wie er dahin kam. Eine Geschichte des Deku Baumes war
gewesen, dass die Feen sie dort Nacht für Nacht anbrachten, damit wir
ein schöneres Erwachen hatten. Allerdings hielt ich es nicht für
glaubwürdig, denn meine Fee würde niemals etwas tun, was jemand anderem
dienlich sein könnte. Außerdem war sie faul.
Aber… Tautropfen?
Ich
stützte mich auf meine erbleichten, schwachen Arme und richtete mich
auf, sah aus dem Fenster. Es war tatsächlich Tau. Es musste geregnet
haben. Und das ganze Dörfchen war seltsam still. War es vielleicht doch
kein Traum? Ich würde mir nichts anmerken lassen und mein Haus
verlassen. Wenn man mich darauf ansprach, warum ich noch hier war,
wusste ich, dass diese Schreckensvision der Realität entsprach. Ich
schob mich auf die Bettkante, ließ die Füße baumeln und blickte mich
nüchtern um. Es hatte sich nichts verändert – außer mir. Mir war kalt,
meine Kleidung war feucht und klebte an mir. Noch dazu waren es nicht
meine Schlafsachen. Eine stille Unruhe beschlich mich und ich stieß mich
von dem Holzklotz, der sich Bett schimpfte, ab.
Ein Recken, ein Strecken, und die Wirbelsäule schob sich zu Recht.
Als
ich meine Knochen wieder an den richtigen Stellen meines Körpers wahr
nahm, wusch ich mir mit der Hand durch das Gesicht und fühlte mich noch
müder, als zuvor. Etwas schwach auf den Beinen schlurfte ich zu meinem
Kleiderschrank. Er war noch voll. So nahm ich neue Kleidung hervor und
zog mich an, denn trocken zu sein gefiel mir besser. Nachdem die
Morgentoilette erledigt war verließ ich das Haus und blieb im Türrahmen
stehen, um mir einen Überblick zu verschaffen.
Heute wirkte alles so fremd auf mich.
Niemand
war zu sehen, es war eine geräuscharme Kulisse. Nichtmal ein leises
Lüftchen wehte. Die Luft stand und was schwülwarm. Das gestrige
Spätsommergewitter hatte uns im Stich gelassen, denn abgekühlt hatte es
sich nicht. Ich nahm einen tiefen Atemzug und schritt in Richtung meines
üblichen Platzes: Dem Spross des Deku Baumes musste ich noch einen
Morgengruß mitteilen. Das tat ich immer. Mühelos balancierte ich über
die Steine im Bach, bevor ich durch den steinernen Gang zum Dekuspross
schritt. Doch etwas hielt mich ab. Es fühlte sich an, als würde mich ein
Stein am Kopf treffen. Ein summender Stein. Und nun ein schreiender
Stein.

„Pass doch auf wo du hingehst, oder hast du Dekunüsse
auf den Augen, hm?“, wurde ich angefahren, doch ich würde diese Stimme
sofort erkennen. Es handelte sich dabei um meine Fee, Merle. Von Zeit zu
Zeit, wenn sie in Eile war, vergaß sie manchmal, mit wem sie sprach. Zu
ihrem Leidwesen, denn ich war kein netter Gesprächspartner. „Pass du
doch auf! Wer von uns kann denn fliegen!? Wenn ich so klein wäre wie
du, würde ich den Mund nicht so weit aufreißen!“, schnarrte ich zurück.
Sie flimmerte vor Zorn. „Du bist so ein Ekelpaket! Wenn ich nur ein
Mensch wäre, dann würde ich…!“
So liefen viele Morgen bei uns ab.
Trotzdem konnte sie nicht ohne mich und ich auch – irgendwie – nicht ohne sie.
Und
wie so oft fiel eine andere Stimme in unser Gefecht ein, die uns dazu
veranlasste, sofort still zu schweigen und uns jedes Mal darüber zu
wundern, warum er uns hören konnte. Der Dekuspross erhob die Stimme und
klang ganz ruhig, aber dennoch herrisch und bestimmt.
„Beruhigt euch, ihr Beiden.“
„Natürlich, Herr.“
Wir sprachen gleichzeitig und schwiegen auch unisono, als er seinen Satz fortsetzte.
„Mido, wieso bist du hier?“
„Ich
bin jeden Morgen hier… Das ist meine Aufgabe…“, erwiderte ich etwas
verwirrt und runzelte die Stirn. Merle surrte zustimmend. Immerhin sagte
sie einmal etwas nicht komplett Dämliches!
„Nein, das ist es nicht.“

Seine
Worte machten mich noch verwirrter, doch im selben Atemzug erklärte er,
warum es nicht mehr zu meinen Aufgaben gehörte, ihn zu bewachen. Oder
überhaupt mich um meinen Stamm zu kümmern. Mich traf der Schlag und ich
musste mich unweigerlich setzen.
„Es ist nicht mehr deine Aufgabe.
Ich bat Salia, mit dir zu reden. Du musst das Dorf verlassen, Mido. Wir
können dich nicht länger hier behalten. Es tut mir Leid, es dir so
mitteilen zu müssen.“
Ich verbarg mein fahl gewordenes Gesicht in
meinen Händen, rang nach dem letzten bisschen Selbstbeherrschung in mir.
Warum tat man mir das an? Warum wollten alle davon wissen, außer mir?
Hatte Merle es gewusst? Ich hatte sie nicht für so gefühlskalt gehalten…
Ich atmete tief ein.
„Warum?“, brachte ich mit zitternder Stimme hervor.
„Du gehörst nicht zu uns…“
Ich gehörte nicht dazu?
Nur
schwammig sah ich meine Hülle vor mir, meinen Körper der sich erhob,
hinaufschoss in den Stand und hörte meine schreiende, aufgebrachte
Stimme, die sich das erste Mal gegen den richtete, der uns erlaubte, zu
leben. So sehr ich auch mein Leben wertschätzte – In diesem Moment war
es, als würde man es mir nehmen.
„Ich gehöre nicht dazu?! Ich habe
mich mein ganzes Leben lang um diesen Stamm gekümmert! Und um dich
auch! Ich bin ein Eins-A-Kokiri, mich könnte man präsentieren! Ich habe
alles für euch gegeben! Ich habe jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde
für euch geopfert und ihr dankt es mir so!? Wieso?!“
Immer mehr hörte ich, wie aus meiner zitternden Stimme ein Schreiweinen wurde.
Warme, salzige Tränen flossen über meine Wangen und ich schämte mich schon jetzt dafür.
„Ihr seid mein Leben!“,
krächzte ich, bevor ich mich Merle zuwandte. „Wusstest du es auch!? Ihr
alle wusstet es! Warum hast du mich belogen? Wolltet ihr mich schon von
Anfang an loswerden?“
Meine Fee sank zu Boden, sah schwach und zerbrechlich aus.
„Aber…
Mido… Du kannst nicht gehen…“, wisperte sie und flog schwankend hinauf,
gegen meinen Torso und hielt sich dort fest. Sie schien keine Kraft
mehr zu haben. Auch sie hatte nicht davon gewusst. Ich hob die Hände,
hielt sie darin.
„Du wusstest nichts davon?“
„Nein…“, gestand sie mir. „Aber… Wenn du gehst, was wird dann aus mir?“
Ich
wusste nicht warum, aber ausnahmsweise schien ich mir um Merle mehr
Gedanken zu machen, als um mich. Ich faltete die Hände und blickte den
Dekuspross feindselig an, schnaubte und baute mich auf. „Weißt du
eigentlich, was du uns damit antust? Du kannst uns nicht trennen! Wir
gehören zusammen!“
Seine nächsten Worte trafen mich noch tiefer.
„Nein, eigentlich nicht. Sie gehört nicht zu dir. Du bist keiner von uns. Du bist kein Kokiri.“

Kein Kokiri?
Ich
öffnete die Hände und sah zu dem kleinen Geschöpf, das dort in meiner
Hand lag, und mich schon mein ganzes Leben lang, seit ich denken konnte,
begleitete. Kläglich zitterte sie. Wir kannten uns schon so lange. Ich
war der Anführer der Kokiri geworden und sie hatte mich dabei begleitet.
Jeden Tag und jede Nacht. Wir hatten alles zusammen durchgestanden.
Jeder Kokiri bekam eine Fee.
Wenn ich keiner war – Warum hatte ich sie dann? Und vor allem: Was war ich?


Kapitel 3 - Geschwister


Die Antwort sollte man mir schuldig bleiben.
Der
Dekuspross vertröstete mich, meinte, ich solle jetzt gehen. Was mit
Merle geschah wollte er mir nicht sagen. Wahrscheinlich auch, weil ich
nicht weiter danach gefragt hatte, sondern sie nur an mich drückte und
davonrannte. Es war nicht meine Art, mich vor Problemen zu flüchten,
aber das war zu hart für mich. Sie alle wussten davon und hatten Salia
ausgesucht, damit ich ging. Wenn sie das wollten, dann würde ich eben
verschwinden! Anscheinend schadete es ja unserem – nein, pardon – ihrem
Stamm. Ein Kokiri war ich ja nicht. Aber es konnte doch gar nicht sein!
Ich hatte doch meine Schwester hier, Fado!
Bevor ich zu mir rennen konnte, suchte ich sie auf.
Schon
seit wir klein waren, wusste ich, wo sie sich versteckte, wenn es ihr
schlecht ging. Und dieser Ort sollte mich nicht enttäuschen. Sie saß
dort, im hohen Gras, und schluchzte. Ihre Hände hatte sie schützend vor
ihr Gesicht gelegt. Meist versuchte sie leise zu weinen, doch diesmal
gelang es ihr nicht. Ich wollte sie umarmen, aber Merle hielt mich in
meinen Händen davon ab. Ich hob meine Mütze an, setzte sie darunter,
damit sie bequem lag und ich wieder eine Hand frei hatte. Ich versuchte,
mich zu fangen, bevor ich durch das Gras schritt und vor meiner kleinen
Schwester stehen blieb.

„Fado.“
Sie hielt inne und blickte erschrocken auf.
Selten
hatte ich gesehen, wie sie mich aus ihren blauen, großen Augen so
schuldbewusst und doch entsetzt ansah. Als wollte sie es nicht wahr
haben, dass man ihr den Bruder nahm. Und ich wollte meine Schwester
nicht verlassen.
„Ist es wahr?“
Vielleicht wollten
sie mich nur auf den Arm nehmen, weil ich so streng mit ihnen war. Sie
wussten, dass ich ihnen das nie verzeihen würde. Ich vertrieb den
Gedanken, dass vielleicht doch alles gut war. Und Fado schwieg und
begann wieder zu weinen. Ich zog sie am Arm zu mir hoch – Solch eine
Grobheit war sie von mir gewohnt, immerhin waren wir nicht immer ganz
liebevoll miteinander umgegangen, doch würde ich sie nie gegen jemanden
tauschen wollen. Sie war mein Ein und Alles. Vielleicht bedeutete sie
mir so viel, wie Salia.
Sie jaulte auf, weil sie solche Schmerzen hatte. Meist war das nur Farce und es ging ihr ganz gut.
„Rede
mit mir, Fado! Wenn du mich liebst, rede mit mir! Ich bin dein
Bruder!“, schrie ich sie an. Sie befreite sich aus meinem Griff und fiel
auf den Boden, plumpste auf ihren Hintern und wusch sich über das
Gesicht. Dann antwortete sie mir, mit leiser aber gefasster Stimme.
„Es ist wahr. Du… Bist nicht mein Bruder.“
„Warum tut ihr mir das an?“
Allmählich war ich nicht nur vom Dekuspross, sondern von all meinen Freunden enttäuscht.
Ich
wandte mich von ihr ab und versuchte mich zu beruhigen, sonst würde ich
wohl irgendetwas zerstören müssen und ich wollte dabei nicht unbedingt
auf sie losgehen. Wenn ich erst einmal wütend war kannte ich kein Ende.
„Ist es noch nicht genug, dass ich gehen muss? Warum spielst du mir vor,
meine Schwester zu sein? Schon seit ich klein war…
„Ja
– Seit du klein warst. Fällt dir nichts auf, du Genie? Der Einzige, der
hier mal klein war, bist du!“, sagte sie und ich spürte ihre Arme um
meinen Körper. Sie war wohl aufgestanden. Trotzdem stand sie sehr
wackelig. „Du bist so groß geworden. Zwölf Jahre schon fast… Ich liebe
dich so sehr wie mein eigenes Fleisch und Blut. Du bist doch mein
Bruder…“
Mir wurde einiges klar.
„Ach. Ich bin also dein Bruder?“, fragte ich mit düsterer Stimme. „Kleiner Bruder? Großer Bruder? Hm? Was für ein Bruder denn?“
Fado hielt mich fester.
„Sei nicht so gemein.“
„Ihr wollt mich hier raus schmeißen, dabei habe ich mich Jahre lang um euch gekümmert!“
„Wir
hätten dich nicht gebraucht… Ich weiß nicht, wie lange ich schon so alt
bin, wie ich bin, oder wie lange ich in diesem Körper stecke. Aber du –
Du hast alle Freiheiten. Du lebst ganz offen. Du bist nicht an diesen
Wald gebunden, oder an den Dekuspross. Oder an mich…
Ich riss mich aus ihrer Umarmung, wandte mich zu ihr um.
Wie
ich sie ansah, konnte ich nur erahnen, denn sie zuckte zusammen und
blickte mich ängstlich an. Ihre Lippen zitterten und sie senkte den
Blick.
„Es wäre besser, wenn du jetzt gehst.“
„Ja, das glaube ich allerdings auch!“, zischte ich. „Dann kümmere dich mal um dich selbst!“
„Es tut mir so Leid.“
„Ja, mir tut es auch Leid. Dass ich dich als meine Schwester gesehen hab, meine ich.“
Situationsbedingt
war ich wirklich sauer auf sie, sonst hätte ich ihr wohl nie so weh
getan oder sie in diesem Maße angeschrieen. Auch, wenn wir uns wirklich
oft gestritten hatten, hatte ich sie noch nie verletzt, zumindest nicht
ernsthaft. Es war ein Gespräch, das auch noch Jahre später zwischen uns
stehen sollte und ein großes Konfliktpotential hatte. War es richtig
gewesen, mir eine Schwester vorzuspielen, nur, um mich glauben zu
machen, dass ich ein Kokiri war? Oder hätte man mich erst gar nicht
aufnehmen müssen? Ich erinnerte mich an Link. Auch er hatte uns
verlassen. Ich konnte mich an unsere gemeinsame Kindheit nicht erinnern,
alles war zu verschwommen. Aber alleine an seinem Wachstum als Person
konnte ich erkennen, dass auch er kein Kokiri gewesen sein konnte. Kein
Kokiri hatte bisher persönliches Wachstum bewiesen – Oder den Wald
verlassen. Um also zu wissen, was ich war, musste ich wissen, wer Link
war.
Und es gab nur eine Person, die es mir sagen konnte.

Ich
setzte meinen Weg fort, denn ich wusste, dass Salia mich bereits bei
mir zuhause erwarten würde. Wohl, um sich bei mir zu entschuldigen und
nach dem Rechten zu sehen. Das Gras gab unter mir nach, als ich wütend
zu meiner Hütte stapfte, die Tür öffnete und diese stärker als erwartet
aufsprang. Im Inneren der Hütte stand Salia, die sich darüber
erschrocken hatte. Sie blickte mich an, wandte den Blick einen Moment ab
– wohl um sich zu sammeln, und sah wieder auf. „Ist alles in Ordnung?“
Das war wohl die dümmste Frage, die sie mir in diesem Moment hätte
stellen können. Bis gerade hatte ich noch etwas von ihr wissen wollen,
aber mit dieser Frage war auch das vorbei. Ich betrachtete sie nur mit
hochgezogenen Brauen, äußerte mich nicht weiter und ging zu meinem
Kleiderschrank, dessen Türen ich aufriss. Heraus zerrte ich ein paar
Kleidung, Ersatzschuhe und meine Geldbörse, sowie eine Tasche, um diese
Dinge zu verstauen. „Mido, sprich doch bitte mit mir…“ Ich fuhr herum
und sah sie an, wollte sie eigentlich anschreien, aber so, wie sie
dasaß, konnte ich es einfach nicht. Sie hatte sich auf mein Bett gesetzt
und die Hände in den Schoß gelegt, blickte mich aus matten Augen heraus
an und strahlte eine unglaubliche Traurigkeit aus, mehr, als es meine
Schwester getan hatte.
„Ich weiß doch, dass nichts in Ordnung ist…
Aber… Ich muss mit dir reden. Ich will nicht, dass du einfach so gehst.
Du sollst dich immer an mich erinnern… Und du sollst wissen, warum du
uns verlassen musst.“
„Da erzählst du mir nichts Neues – Ich bin kein Kokiri und ich muss weg.“
„Es ist mehr als das.“
Mir fiel der Beutel aus der Hand.
Es
war mehr als nur diese kleine Begründung, die mein Leben verändern
sollte? Was denn noch? Wollte sie mir jetzt noch erzählen, dass ich
sterben musste? Oder dass ich kein menschliches Wesen, sondern ein Tier
war? Fassungslos, aber doch voller Erwartungen starrte ich sie an und
trat näher an sie heran.
„W… Was?“
„Es geht um Link.“
Ich
konnte eine Woge des Zorns unterdrücken, als mir wieder einfiel, dass
ich mich auch erkundigen wollte – Über Link. Neben ihr ließ ich mich
nieder und nickte. „Ja, darüber wollte ich mit dir auch noch sprechen.“
Salia sah zu mir hinüber und schien nicht minder erstaunt, als ich es
gerade war. „Was? Wieso das denn?“, fragte sie ungläubig und
verschränkte die Arme vor dem Bauch, versuchte mir, in die Augen zu
schauen, doch ich blickte stur geradeaus. Eine Weile des Schweigens
entstand, als sie mich leise fragte: „Glaubst du, er denkt manchmal an
mich?“. Ich zuckte die Schultern. „Weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass
ich oft an dich denken werde. Und vielleicht ist das mehr, als man von
ihm sagen kann.“
Salia nickte und blickte geistesabwesend in die Leere.
„Wenn… Viele Jahre vergehen würden… Würdest du dann immer noch an mich denken?“
„Ich
werde für immer an dich denken.“, sagte ich. „Du bist das Beste an
diesem Ort. Keine Ahnung, ob Link das auch begriffen hat. Wenn er es
hätte, wäre er vielleicht nicht gegangen.“
Ich spürte ihren zierlichen Körper, als sie sich gegen mich lehnte und ihren Kopf auf meine Schulter legte.
„Ich muss dir etwas gestehen.“
Was hatten sie nur in letzter Zeit alle mit ihren Geständnissen?
„…
Link war auch kein Kokiri… Und er ging nicht, weil er es musste. Bis
vor einigen Wochen konnte ich noch mit ihm reden. Wir verstanden uns,
ohne einander zu sehen. Er musste nur mein Lied auf der Okarina spielen
und es war, als wären wir zusammen. Doch, seit einiger Zeit…


Kapitel 4 - Gesellschaft


Vielleicht
hätte ich ihm nie so kritisch gegenüber stehen dürfen. Es war ein
Fehler gewesen, jemanden als etwas zu behandeln, was er nicht war. Weder
als Kokiri, so wie man mich behandelte… Noch wie ein Ungetüm, so wie
ich ihn behandelt hatte. Es war einer dieser Momente in den man den
vollen Durchblick hatte. Und dennoch war alles wie verschleiert. Ich
konnte nicht sehen, worauf Salia hinaus wollte, vielleicht wollte ich es
auch nicht sehen. Dass mir dasselbe Schicksal wie ihm erlag. Vertrieben
zu werden. Hätte ich ihn besser behandelt wäre es ihm vielleicht besser
ergangen und er wäre gestorben, ohne böse von mir zu denken… Aber… War
er gestorben?
Die Antwort blieb ungewiss.
„Doch, seit einiger Zeit… Spüre ich ihn nicht mehr.“
Sie
schluckte schwer, hatte wohl einen Kloß im Hals. Ich bemerkte es an
ihrer etwas kratzigen Stimme. Sie faltete die Hände in ihrem Schoß, ihre
Stirn lag in Falten und sie wirkte unglaublich besorgt und traurig. So
war sie immer, wenn es um Link ging, und es nervte mich auf gewisse
Weise. Selbst meine Schuldgefühle, die ich vor nur wenigen Sekunden
hatte, konnte ich jetzt nicht mehr nachvollziehen. Ich war wütend. Und
das zu Recht. Ich wurde hier herausgeschmissen und sie machte sich nur
um diesen blonden Mistkerl Sorgen? Wo war ich nur die ganzen Jahre
gewesen? Link war zumindest nicht an ihrer Seite gewesen. Ich hingegen
war nie von ihr gewichen und ihr immer den Rücken gestärkt. Wollte sie
es mir so danken?
„Aha.“, machte ich knapp.
Mir fiel nicht
ein, was ich dazu noch sagen sollte, auch, wenn ich schon wusste, dass
sie sich nur noch schlechter fühlen würde, weil ich ihr nicht zeigte,
wie Leid es mir für sie und ihn tat. Wie sollte es auch mein Leid sein?
Mir geschah immerhin dasselbe und ich musste jetzt damit fertig machen.
Ich hatte keine Zeit für jemand anderen! Auch, wenn ich das Ganze zu
einem anderen Zeitpunkt in einem vollkommen neuen Licht sehen würde, war
ich komplett erkaltet. Das Gesprächsthema Link war nicht gerade eine
Kur für meine Nerven.
„Es interessiert dich gar nicht…“, sagte
sie. „Habe ich dich eigentlich jemals interessiert? Du musst mich ja
richtig hassen, so, wie du auf mich reagierst…“
Ich zog die Brauen hoch.
„Oh,
für dich interessiere ich mich. Aber nicht für diesen Fatzke. Ich muss
immerhin auch heute hier weg sein. Ich dachte, wir könnten unsere
letzten Stunden angenehmer gestalten, aber das willst du wohl nicht.“
Salia erhob sich ruckartig. Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen.
„Du hast Recht. Ich will gar nichts mehr von dir!“
Über
die Schulter sah sie zu mir, als sie ruckartig losrannte und das Haus
verließ, wobei ihr grünes Haar ziemlich zerzaust aussah. In ihrem
Augenwinkel hatte ich eine Träne erkennen können. Normalerweise würde
ich ihr nachlaufen und würde mich entschuldigen. Salia war die einzige
Person, bei der mir das in den Sinn käme. Aber selbst die Idee stieß
mich ab. Meine Erinnerungen an mein Zuhause ergrauten schon, bevor ich
es verließ. Schon während ich meine Sachen packte, mir auffiel, dass ich
keine Antworten auf meine Fragen erhalten hatte, und mein Zimmer ein
letztes Mal herrichtete, vergaß ich, wie sie aussahen. Jeder Einzelne
schien mir gerade so fremd.
Eigentlich hatte ich mir erhofft, mit
ihrer Unterstützung das Dorf verlassen zu können. Dass sie mich
zumindest vermissen würden. Als ich am Abend die Wälder verließ, wartete
dort niemand auf mich. Auf Link hatte man gewartet. Zumindest Salia
hatte das getan. Aber sie war nicht hier. Sie hasste mich. Ich wusste
nicht, ob ich rechtens gehandelt hatte… Aber es hatte mich unsagbar
wütend gemacht, dass sie kein Verständnis für meine Situation
aufbrachte. Mit Sack und Pack, Schwert, Schild und Schleuder verließ ich
schlurfend die Gemeinde, die einst meine Brüder und Schwestern waren.
Jetzt waren sie Fremde. Und ich war ein Niemand.

Alleine.

Die
Abenddämmerung färbte das Land düster, es wurde dunkel und ich war
verlassen und einsam. Ich verlor meinen Weg vor den Augen und mein Ziel
ebenso. Einmal komplett neu anfangen. Ein neues Leben aufbauen. Als
11jähriger. Es war nicht das, was man sich als einen Traum oder
besonders angenehm vorstellte, aber ich nahm mir vor, dass ich zumindest
diese Nacht überleben würde. Ein kleines Ziel, mit dem man beginnen
sollte. Ich wusste nicht, wohin ich sollte, was ich tat oder – am
schlimmsten – wer ich war. Ich war ein weißes Blatt Papier. Ich hatte
keinen Namen und keine Herkunft. Ich würde „der in den grünen Klamotten“
sein. Falls ich denn jemals andere Lebewesen finden würde, die mich
nicht töten wollen würden. Meine erste Nacht außerhalb des Waldes. Nur
per Zufall hatte ich eine Höhle gefunden, in die ich hinunter klettern
konnte und in der ich sicher war. Meine Reise würde ich zu Tagesanbruch
fortsetzen. So hatte ich zumindest den Hauch einer Chance, irgendwohin
zu finden. Schlafen würde ich trotzdem nicht. Erst in der nächsten
Ortschaft, die ein Bett für mich aufwies, würde ich Ruhe finden. Alles,
was ich zur Erhellung der Höhle bei mir führte, war eine Fackel, die
nicht mehr lange brannte. Ich drückte den Stock in den Boden, dass er
stand, bevor ich in meinem Rucksack kramte. Ich war dazu gekommen, etwas
zu Trinken mitzunehmen und einige Kräuterbonbons. Das war zwar nicht
viel, aber es sollte mich die Nacht wach halten. Gesellschaft konnte ich
mir abschminken. Notdürftig hatte ich das Laken von meinem Bett
gerissen und mitgenommen. Es sollte mich wohlmöglich warm halten. Ich
legte mich also unweit der Fackel zur Ruhe, nur, um zu dösen. Schlaf war
zu gefährlich.
Ich musste planen.
Eine Strategie musste her.
Mit „am Tag reisen“ kam man nicht besonders weit.
Der
Deku Baum hatte mir oft Geschichten erzählt, darüber, dass es noch
andere Orte als den Wald gäbe, wo sie lagen und wofür sie berühmt waren.
Nur wenig hatte ich mir merken können, aber ich erinnerte mich an eine
Stadt namens Kakariko. Sie lag wohl nordöstlich von
hier und war einen Tagesmarsch entfernt. Wenn man nicht trödelte. Morgen
würde ein harter Tag werden. Wenn ich dort ankam, was würde ich dort
vorfinden? Der Deku Baum war alt und wohlmöglich waren seine
Informationen nicht die Aktuellsten. Alles, was ich tun konnte, war
darauf zu vertrauen. Mehr hatte ich nicht…
Ich hatte zehn Bonbons
und eine Feldflasche Wasser – Im Gegenzug dazu standen knappe 24
Stunden. Selbst die kleinste Mahlzeit musste also eingeteilt werden und
ich durfte mich nicht verausgaben. Ich kam zu dem Ergebnis, dass ich,
wenn ich nur döste, heute Nacht zwei Bonbons, und am nächsten Tag Acht
essen würde. Die Flasche musste ich mir gut aufteilen. Ich hatte keine
andere Wahl.
So schloss ich die Augen, um in einen „kontrollierten Schlaf“ zu fallen. Es gelang mir ganz gut, bis ich ein Summen wahrnahm…

„Mir ist… so schlecht…“
Wie
von alleine öffnete ich die Augen und fand eine hell erleuchtete Höhle
vor. Das lag nicht nur daran, dass ich wohl nicht ganz so kontrolliert
geschlafen hatte, da der Morgen hereinbrach, sondern auch daran, dass
ich Gesellschaft hatte. „Was ist nur passiert? Wo bin ich hier…?“ Ich
richtete mich auf und sah auf Merle hinab, die auf dem Höhlenboden lag
und etwas schwach mit den Flügeln schlug, sich allerdings nicht erheben
konnte. Schließlich spürte ich, wie sie meinen Blick erwiderte. Ich
streckte meine Hand nach ihr aus und hielt sie in den Handflächen.
„Alles okay bei dir?“, fragte ich sie.
Dieses
kleine, leuchtende Feelein würde wohl meine einzige Gesellschaft sein,
die ich den Rest meines Lebens noch genießen durfte, also musste ich
mich gut um sie kümmern. Eigentlich war sie auch gar nicht so übel. Ich
beobachtete sie, woraufhin sie mir zustimmte.
„Wir sind schon in
der Steppe. Ich habe mir überlegt, dass wir nach Kakariko wandern.“,
informierte ich sie. Sie lag still da. Wohlmöglich musste man sie
erstmal ordentlich wecken. Ich nahm meine Feldflasche an mich und
feuchtete meine Fingerspitzen an, woraufhin ich sie sachte berührte, sie
mit ein paar Tropfen Wasser benetzte. Schon ging es ihr besser und sie
konnte sich sogar in die Luft aufraffen.
„Danke. Ja. Das halte ich für eine gute Idee. Ist nicht weit weg… Eine sehr schöne, kleine Stadt.“
Ich zögerte und fragte schließlich: „Warst du schon mal dort?“.
„Kleiner, es gibt keinen Ort, an dem ich nicht war.“
Sie
schüttelte sich und ich wusste nicht, was ich seltsamer finden sollte.
Dass sie mich als klein betitelte, dass sie sich schüttelte, oder, dass
sie schon so viel von der Welt, in der wir lebten gesehen hatte. Ein
Positives hatte es aber… Wenigstens kannte sich einer von uns hier aus.
Ich grinste.
„Na dann, super. Machen wir uns gleich auf den Weg.“

Hätte ich gewusst, was mich auf dem Weg erwartete, hätte ich das wohl nicht so leichtfertig gesagt.



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Kapitel 5 - Ein unglücklicher Fall


Rückblickend hatte ich es mir leichter vorgestellt, aus einem zwei
Meter tiefen Loch heraus zu klettern. Leider war es nicht so einfach,
wie vermutet, sodass ich schließlich ziemlich geschändet auf dem Boden
lag. Die Hände hatte ich mir ganz schön aufgescheuert und ich war mir
sicher, dass ich irgendeinen Teil meines Gepäcks dort unten hatte liegen
lassen. Wahrscheinlich würde ich es erst im Nachhinein vermissen und
mir dann irgendwo etwas Neues besorgen müssen. Ohne besonders viele
Rubine war das etwas schwer. Das, was ich bei mir trug reichte
vielleicht gerade einmal für ein Frühstück aus. Und wer wusste schon,
wie inflationär die Preise hier draußen waren? Ich raffte mich auf,
nachdem ich die Vermutung hatte, wieder genügend Luft zu bekommen. Dann
sah ich in die Höhle herunter. Es war zu dunkel, um zu sehen, was ich
vergessen hatte, aber das Gefühl ließ mich nicht los.
Ich
schüttelte über mich selber den Kopf und erhob mich. Und selbst wenn –
Etwas unsagbar Wichtiges konnte es kaum gewesen sein. Zumindest nichts,
was mir auf meinem Tagesmarsch nach Kakariko fehlen könnte.
So blickte ich mich zu allererst einmal um.
Die
Steppe erschien mir auf den ersten Blick unglaublich weit. Auf den
zweiten Blick jedoch erkannte ich, dass Kakariko nicht so weit von hier
entfernt sein musste. Von Weitem erkannte ich ein großes, umzäuntes
Gelände. Davon hatte mir der Deku Baum noch nicht erzählt, aber ich
würde schon herausfinden, was das war. Gleich, nachdem ich mir eine
Niederlassung in Kakariko gesucht hatte. Also musste ich hier draußen
einfach weiterleben?
„Wir gehen, Merle.“, sagte ich und schulterte
meine Tasche. „Immerhin müssen wir heute Abend irgendwo unterkommen und
ich will sicher nicht noch einmal in so einem Dreckloch
schlafen.“ Eigentlich erwartete ich eine schnippische Antwort, aber
dubioserweise kam nichts von der kleinen Fee zurück, die anscheinend
noch ziemlich müde neben mir schwirrte und ihr Bestes tat, sich in der
Luft zu halten. Sie gähnte. Ob das ihre Art war, mir zuzustimmen, oder
ob sie einfach zu erschöpft war, um sich mir entgegenzustellen, war mir
etwas unklar, aber im Grunde störte es mich nicht. Es war mir lieber,
als wenn sie mich nun nerven würde, wenn ich sowieso schon angespannt
war. Ich verstand nicht, wieso es mir verboten wurde, im Wald zu leben,
wenn ich kein Kokiri war. Jahre lang hatte ich dort gelebt. Was hatte
sich an mir geändert, dass es auf einmal nicht mehr richtig wäre?
Und was sollte ich hier tun?
Mein
Leben einfach so fortzusetzen erschien mir falsch und irgendwie hatte
ich das Gefühl, dass es nicht unbedingt an mir lag, dass ich das Dorf
verlassen musste. Es hatte einen anderen Grund und ich würde ihn
herauskriegen. Allerdings wollten sie mich sicher nicht mehr wieder
sehen. Ich würde mit meinem Besuch abwarten. Es gab ein Thema, das mich
brennend interessierte und das nicht nur, weil es den Streit zwischen
Salia und mir ausgelöst hatte. Auch, weil ich mich schon länger fragte,
ob an meiner Vermutung etwas dran war.
Link.
Ob er wohl gestorben war?
Salia
hatte doch etwas erwähnt… Hätte ich ihr besser zugehört wüsste ich nun
vielleicht mehr. Sie sagte, sie würde ihn nicht mehr spüren, aber was
hieß das schon? Es schien mir sowieso recht seltsam, dass sie ihn spüren
konnte, wenn er nicht da war. Konnte nicht mit rechten Dingen zugehen.
Es war egal, wie feste ich an Salia dachte, ich konnte sie nicht spüren
und sie mich wahrscheinlich auch nicht. Hatte sie Link zu diesem Zweck
die Okarina mitgegeben? Aber sie war nicht so laut, als dass man sie bis
in unsere Wälder hören konnte. Natürlich war etwas Besonderes an diesem
Instrument, wie auch an Salias. Wenn sie spielte hatte ich das Gefühl,
dass sie alles ändern könnte. Es schien mir sonderlich, dass Töne eine
Reaktion wie diese in mir hervorrufen konnten, doch ich mochte mir nicht
erklären, was dahinter steckte. Es war beunruhigend. Wenn an der Sache
etwas dran war, was wäre, wenn jemand Falsches die Okarina in die Hände
bekäme?
Ich überdachte das.
Mehr, als meinen Weg
fortzusetzen, konnte ich nicht tun. Ich hatte keine Ahnung, wohin mich
mein geradeaus führte oder der Weg, auf dem ich ging, aber ich meinte,
vorhin noch im Abendlicht eine Brücke gesehen zu haben. Ob ich auf dem
richtigen Weg war? Ich verfiel erneut meinen Gedanken.
Vielleicht lag es nicht an dem Instrument, sondern an Link.
Eventuell
mochte er eine wichtige Rolle spielen, die nur meine Freundin verstand
und mir schleierhaft war. Wahrscheinlich hatte sie ihn deswegen gehen
lassen. Aber warum dann mich? War es ihr lästig geworden, dass ich nicht
an ihn glaubte? Ich zweifelte. Leider konnte ich mir absolut nicht
erklären, warum ich nicht bleiben durfte. Aber dass ich kein Kokiri war,
konnte nicht der Grund sein. Soviel stand, für mich zumindest, fest.
Es waren zu viele Fragen und zu wenige Antworten.
„Mido!? Vorsicht!“
Merles Stimme erschrak mich.
Ich
zuckte zusammen, rutschte aus und spürte Kälte um mich herum, fühlte
mich schwerelos. Ein dumpfer Schlag auf den Kopf – Ich verlor das
Bewusstsein.


TBC


Bilder zur FF


scattered lights - von mir
Und als ich zurückkehrte erinnerten sie sich nicht mehr an mich. - von mir
Mido und Salia :) - von -x-NAni-x- (auf Animexx)
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Abschied eines Waldgeistes. (Zelda OOT)
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